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Wochenbettdepression und Stillen – Übermannt vom Gefühlschaos

Geburt:
Spontangeburt
Ernährungstyp:
Fläschchen, Zwiemilch
Phase:
Stillstart
Milch
zu wenig
Brust(erkrankung):
Schmerzen beim Stillen, Wunde Brustwarzen
Weiteres:
Wochenbettdepression

Erfahrungen von Denise, 29

Mein Sohn kam gesund per Spontangeburt zur Welt. Objektiv betrachtet hatte ich als Erstgebärende, mit einer Dauer von nur rund fünf Stunden, eine interventionslose Traumgeburt, jedoch empfand ich es für mich als traumatische Geburt. Ich fühlte mich vom Geburtspersonal alles andere als gut betreut oder einfühlsam behandelt. Auch bei meinem zweitägigen Aufenthalt auf der Wochenbettstation bekam ich beim Stillen wenig Hilfe bzw. meine Fragen oder Wünsche wurden abgetan. 

Wieder zuhause fühlte ich mich von Tag zu Tag schlechter. Ich konnte keine Freude oder Vorfreude mehr empfinden, meine gute Laune war auch an eigentlich guten Tagen verflogen, ich litt an Appetitlosigkeit und trotz totaler Müdigkeit an Schlaflosigkeit. Ich wollte eigentlich nur noch weg. Mich hatte die Wochenbettdepression fest im Griff.

Ich muss dazu sagen, dass mein Partner und ich gemeinsam vor der Geburt die Entscheidung getroffen hatten, dass er nach fünf Tagen wieder anfängt zu arbeiten. Im nachhinein betrachtet war es ein naiver Gedanke zu glauben, dass man als Neu-Mami mehr oder weniger alles gleich alleine gewuppt bekommt. Hinzu kommt, dass wir vor der Geburt unseres Sohnes ein sehr unabhängiges Leben geführt haben, das ein starkes Kontrastprogramm zu unserem neuen 24/7 verantwortungsbewussten Familienleben darstellte. Ich wollte ein Stück meines alten, ungebundenen Lebens zurück. Ich denke, dass diese zwei Faktoren bei mir die Wochenbettdepression begünstigt haben.

Ich suchte Hilfe bei meiner Hebamme und sprach sie auf meine Gefühle und Empfindungen an. In einem Gespräch versuchte sie herauszufinden, ob es sich bei mir „nur“ um einen Babyblues handelte, oder ob doch mehr dahinter steckte. Im Endeffekt stellte sie die Diagnose Wochenbettdepression. Für uns war die Lösung für eine Zeit zu meinen Eltern zu ziehen, um dort Entlastung zu erhalten und sich in einem Umfeld ohne jegliche Forderungen zu befinden, in dem man völlig offen über seine Gedanken und Sorgen sprechen kann. Mir ging es schnell besser.

Jedoch hatte die Wochenbettdepression nicht nur Auswirkungen auf meine meine Psyche, sondern auch auf meine Milchproduktion: Ab Tag 7 nach der Geburt produzierte ich drastisch weniger Milch. Mein Kind nicht satt zu sehen, hat mich natürlich zusätzlich gestresst, und obwohl ich im Vorwege ein starker Gegner von Pre Milch war, begann ich zuzufüttern. Da wir direkt relativ viel aus dem Fläschchen geben mussten, produzierte meine Brust im Gegenzug noch weniger Milch.

Im Endeffekt hat das Zufüttern aber nicht nur meinem Sohn geholfen, sondern verschaffte auch mir in der schlechten Episode große Entlastung.

Auch als es mir besser ging, kamen wir nicht mehr zum Vollstillen zurück. Nach knapp drei Monaten war das Stillen an der Brust u.a. auch wegen einer Saugverwirrung nicht mehr möglich. Die Milch wurde zwar nochmal mehr, aber nie mehr wie am Anfang. Mein Sohn weinte an der Brust und wollte die Flasche – für mich eine schreckliche Situation.

Ich suchte eine Stillberatung auf und wir starteten einen neuen Versuch: ich sollte den Milchfluss durch Anlegen/Abpumpen im Zweistundentakt wieder anregen und den Kleinen langsam von der Flasche entwöhnen. Zusätzlich sollte ich ein Medikament zur Relaktation einnehmen. Nach einiger Zeit stellte ich fest, dass ich mich nicht wieder in eine solche Abhängigkeit begeben wollte und brach den Versuch ab. Ich habe mir zwar noch lange Vorwürfe deswegen gemacht, aber im Endeffekt war es so in Ordnung für uns.

Das Verlassen auf die sogenannte Intuition „Stillen ist das natürlichste, sollte schon klappen“ sehe ich sehr kritisch. Hätte ich mich vorher mit dem Thema auseinander gesetzt, wären vielleicht bestimmte Dinge anders ausgegangen – beispielsweise eine Stillberatung aufsuchen oder Stilltreffs besuchen und mit den Milchmamis vor Ort sprechen und sich Anregungen holen.

 

Meine Tipps bei Wochenbettdepression:

  • das Wichtigste: Anerkennen, dass etwas nicht stimmt! Die Situation reflektieren, und nicht so tun als ob alles in Ordnung wäre oder die Zähne zusammenbeißen.
  • Reden, reden, reden: Versuchen seine Gedanken und Sorgen offen auszusprechen und sich Hilfe suchen/annehmen. Lass alle Gefühle zu!
  • Ansprüche runterschrauben und Grundbedürfnisse decken! Der Haushalt muss nicht wie aus dem Katalog aussehen. Regelmäßig essen und Möglichkeiten suchen, sein Schlafbedürfnis zu decken. Wenn die Wahl beispielsweise zwischen duschen und essen steht, sollte man sich für die Nahrung entscheiden.
  • Entlastung schaffen! Natürlich gehört auch Stress im Wochenbett dazu, aber nur in einem gewissen Maße. Die Ansprüche an Mamas sind riesig und es wird erwartet, dass man im Mutterglück sitzt – das kann funktionieren, muss es aber nicht. Es kann helfen, bereits vor der Geburt mit dem Partner zu sprechen, wie ganz alltägliche Dinge wie beispielsweise das Kochen geregelt werden sollen.
  • Nicht alleine sein, sich mit Menschen umgeben, mit denen man völlig offen sprechen kann und die nicht als Besuch (Essen anbieten, aufräumen etc.) empfunden werden.
  • Sich bewusst machen, dass die Wochenbettdepression eine vergängliche Erkrankung ist: sie geht vorbei, das schlechte Gedankenkarussell hört auf und man baut Verbindung und Liebe zu seinem Kind auf.
  • die Situation regelmäßig reflektieren: mir hat geholfen meine Gedanken schriftlich festzuhalten.

3 Fragen zum Schluss

Deine größte Herausforderung?

Der Umgang mit den eigenen Ansprüchen und Glaubenssätzen

Deine ultimativen Tipps?

Setze dich vor der Geburt mit dem Thema Stillen aktiv auseinander. Sieh dir andere Mütter beim Stillen an, gehe in sogenannte Still-Treffs. Wir haben hier leider keine besonders gute Still-Kultur. Das kannst du nur selbst ändern.

Auf was kannst du nicht verzichten?

Meine Familie

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Bei den Stories unserer Milchmamis handelt es sich um persönliche Erfahrungen. Wir freuen uns, wenn sie dir weiterhelfen. Solltest du jedoch anhaltende Probleme haben, wende dich bitte an deine Hebamme, eine Stillberaterin oder den Kinderarzt.

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